Vasarely Go Home

Vasarely Go Home” ist ein Dokumentarfilm von Andreas Fogarasi, produziert für seine Ausstellung La ciudad de color / Vasarely Go Home im Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia, Madrid (13. September 2011 – 9. Januar 2012).

Das Video untersucht zwei Ereignisse, die in Budapest am Samstag, dem 18. Oktober 1969 stattgefunden haben. An diesem Tag wurde die Retrospektive des international bekannten Künstlers ungarischer Herkunft, Victor Vasarely, in der Budapester Kunsthalle eröffnet. Dies war seine bis dahin umfangreichste Ausstellung und die erste Ausstellung abstrakter Kunst dieser Größe in Ungarn. In einer Zeit der langsamen politischen “Normalisierung” versuchte die Kulturpolitik den Kontakt mit im Ausland lebenden Künstlern wieder zu aktivieren. Während die Ausstellung ein “Import” internationaler Kunst war, war sie gleichzeitig eine Wiedergewinnung von Vasarely als Ungar, so dass man auch von einem “Kulturexport” sprechen kann.
Während abstrakte Tendenzen der ungarischen Neo-Avantgarde zu jener Zeit bestenfalls toleriert waren, wurde Vasarelys Ausstellung zu einem öffentlichen Ereignis stilisiert und war mit etwa 90.000 Besuchern ein außerordentlicher Publikumserfolg. Die Ausstellung weckte in der lokalen Kunstszene große Erwartungen aber auch viel Kritik.

Das zweite Ereignis spielte sich ebenfalls in der Kunsthalle während der Ausstellungseröffnung ab. Der Künstler János Major protestierte gegen die Zweischneidigkeit der Kulturpolitik, indem er ein kleines Schild mit der Aufschrift “Vasarely Go Home” mit sich trug und es anwesenden Künstlerkollegen und Bekannten heimlich zeigte.

Der selbe Prozess in entgegengesetzter Richtung, die “Mission” des Westens, ist in ihrer Wirkung im Osten auch nicht immer erfolgreich. Als Vasarelys Retrospektive 1969 eröffnete und alle Räume der Budapester Kunsthalle füllte, und Minister und Kulturpolitiker den Papst der abstrakten Kunst empfingen, erschien János Major, einer der talentiertesten (und bescheidensten) Mitglieder der Neoavantgarde, mit einem kleinen tragbaren Schild in Taschenformat. Wann immer er einen Bekannten in der Menge erblickte, nahm er es heraus, schaute um sich, um sicher zu sein, dass er von „Uneingeweihten“ nicht beobachtet wurde, und hielt es hoch: “Vasarely go home!” Könnte ein Künstler aus dem Westen verstehen, wie wenig diese Geste mit Neid, Aggression oder der Gier nach professionellem Erfolg zu tun hat, dass sie eher der Loyalität und der Selbstironie entsprang?

Das Video Vasarely Go Home besteht aus Interviews mit Künstlern und anderen Akteuren der Budapester Kulturszene jener Zeit. Sie sprechen über die Bedeutung der Ausstellung und der Arbeit von Victor Vasarely für ihre eigene Tätigkeit und die ungarische Kunstszene, sowie über János Major und seine Aktion. Einige von Ihnen nahmen an der Eröffnung teil, aber sie berichten auch ganz allgemein über den Import bzw. Export einer ursprünglich avantgardistischen Praxis, über ihre politischen Hintergründe und Relevanz im Jahr 1969.